"Stabile Isotope in Jahrringen als Informationsträger für Klimavariationen"



Einleitend erzählte Jussi Grießinger etwas über die Gründe, warum man heute Paläoklimaforschung betreibt. Auf den Temperaturdiagrammen, die er zeigte, war zwar auf allen Kontinenten ein deutlicher Temperaturanstieg zu erkennen, allerdings warnte er davor, vorschnell zu schlussfolgern. Das Hauptproblem liege darin, dass man kaum Aufzeichnungen über einen langen Zeitraum von ein und demselben Ort hat, denn die letzten 150 Jahre sind in den Dimensionen, in denen gedacht werden müsse, extrem wenig. Es gibt mehrere sogenannter Klimaarchive, die eine jährliche Auflösung aufweisen. Diese sind zum Beispiel Eisbohrkerne, Seesedimente (je nachdem, wie viel angeschwemmt wurde, geben sie z.B. Auskunft über eventuelle Überschwemmungen) und Bäume. Diese sind deshalb für die Klimaforschung interessant, da sie viele klimatische Faktoren aufzeichnen; außerdem sehr bedeutsam ist die genaue Datierungsmöglichkeit aufgrund der Jahrringe. Daraus ergibt sich der Forschungszweig der "Dendroklimatologie" (Dendro ® Baum) oder Jahrringforschung.

Sägt man einen Baum um und betrachtet dann den Radius an verschiedenen Stellen, wird man feststellen, dass dieser ähnliche Wachstumsmuster aufzeichnet. So ist dies auch bei Bäumen, die in derselben Region wachsen. Für die Forschung werden mehrere dieser ähnlichen Wachstumskurven genommen und eine Mittelkurve ermittelt. Betrachtet wird nun die Größe bzw. die Breite der Jahrringe. Grundsätzlich kann man sagen, dass ein breiter Jahrring gute Bedingungen und ein schmaler Jahrring schlechte Bedingungen für den Baum gewesen sind. Daraus lässt sich nun z.B. die Temperatur herausziehen, die der Baum indirekt aufgezeichnet hat. Am besten funktioniert das in Hochlagen, in denen das Wachstum im Idealfall nur noch von dem Faktor Temperatur abhängt.
Am besten eignen sich für die Untersuchungen natürlich Bäume, die sehr alt werden. Der Dipl.-Geograph zeigte einige Bilder von Bäumen, die dem Alter entsprechend gestaffelt waren. Angefangen mit der Eiche (bis zu 600 Jahre alt) über die Lärche (bis 1000 Jahre) und Wacholderarten in Hochasien (bis 1500 Jahre) dachten die Zuhörer, dass er mit dem gewaltigen Mammutbaum aus Kalifornien, der bis zu 3200 Jahre alt werden kann, am Ende angelangt sei. Doch dem war nicht so. Als nächstes Bild wurden alle mit einem mickrigen, eher verkrüppelt wirkenden Baum konfrontiert. Es war die Grannenkiefer, die auch in Kalifornien wächst; sie kann ein stattliches Alter von bis zu 4700 Jahren (!) erreichen. Daran kann man sehr deutlich erkennen, dass die Größe eines Baumes nichts über dessen Alter aussagt, denn in dem Gebiet, in dem solche Bäume vorkommen, ist die Wachstumsperiode nur sehr kurz und folglich sind auch die Jahrringe nur sehr schmal.

Um nun Aussagen über länger vergangene Zeiten zu machen, fertigt man eine sogenannte Jahrringchronologie an, die es auf relativ simple Art und Weise ermöglicht auch noch weiter in die Vergangenheit zurück zu blicken als die ältesten Bäume alt werden. Man rechnet dabei von der heutigen Zeit rückwärts, d.h., man nimmt einen Baum, der heute noch lebt und zeichnet sein Jahrringmuster auf; dann sucht man ältere Baumstämme z.B. in historischen Gebäuden, noch ältere in Gletscher-Moränen oder gar fossiles Holz z.B. in Mooren. Nun vergleicht man deren Muster miteinander und stellt fest, dass sie sich an irgendeiner Stelle überschneiden, wodurch man sie aneinander reihen und so eine teilweise sehr große Zeitspanne abdecken kann. Die bisher größte Zeitspanne enthält die "Hohenheimer Eichenchronologie" mit ca. 12000 Jahren.

Stabile Isotopen in Jahrringen

Erst klärte Herr Grießinger die Zuhörer auf, dass stabile Isotopen denjenigen Teil der Isotopen ausmacht, der über geologische Zeiträume nicht zerfällt. Außerdem war noch ein anderer Begriff zu klären, der Begriff der Isotopenfraktionierung, welches die Verschiebung der verschiedenen Isotopenanteile, die unterschiedliche Massen haben, darstellt. Daraus folgt, dass schwerere Moleküle geringere Reaktionsgeschwindigkeiten haben und aufgrund der Massenträgheit weniger mobil sind. Auch wird mehr Energie benötigt, um das schwerere Molekül in die einzelnen Bestandteile zu trennen, da es eine höhere Bindungsenergie besitzt.

Variationen von Kohlenstoffisotopen in Jahrringen

In den Bäumen erfolgt nun die Fixierung von Kohlenstoffdioxid, d.h. anorganisches CO2 aus der Atmosphäre wird in organische Kohlenstoffverbindungen umgesetzt. Das CO2 gelangt bei den Pflanzen durch Gasaustausch über die Stomata in das Blattinnere, wo die CO2-Fixierung in den Chloroplasten durch das Enzym RuBisCo stattfindet.

Wenn man nun zwei verschiedene Witterungsbedingungen betrachtet, stellt man fest, dass bei hoher Luftfeuchtigkeit und niedriger Temperatur eine niedrige Konzentration von 13C-Isotopen in den Interzellularen vorhanden ist. Bei geringer Luftfeuchtigkeit und hoher Temperatur hingegen ist hier eine hohe Konzentration von 13C-Isotopen festzustellen. Das liegt daran, dass bei erst genannter Witterungsbedingung nur ein geringes Wasserdampfdefizit vorliegt und deshalb die Stomata weit geöffnet sind; so kann viel CO2 in das Blattinnere gelangen, das dann letztendlich enzymatisch fixiert, dabei gegenüber 13C fraktioniert und später aufwändig aus dem Holz analysiert werden kann. Gibt es aber ein hohes Wasserdampfdefizit wie beim zweiten Beispiel, dann sind die Stomata weitestgehend geschlossen, damit nicht viel Wasser verdampft; folglich kommt auch das CO2 der Umgebungsluft nur schwer in das Zellinnere.

Da die Zelle nun fixieren muss, was da ist, wird auch das schwerere und weniger mobile 13C umgesetzt und in die Jahrringe eingebaut, da 12C aus der Atmosphäre kaum vorhanden ist. Wenn nun die 13C-Werte innerhalb einer aus Jahrringen aufgebauten Zeitreihe ansteigen, ist das ein Klimasignal! Allerdings muss man beachten, dass der Ausstoß von an 12C angereichertem CO2 immer mehr zunimmt und es deshalb auch einen abnehmenden 13C -Trend gibt, der aber kein Klimasignal darstellt. Deshalb müssen solche Umstände immer zuerst "rausgerechnet" werden. Davon zeigte der Referent eine Kurve, die er selbst aus beprobten Wacholdern aus seinem Forschungsgebiet, dem Tibetischen Hochland, erstellt hatte. Darauf war das angesprochene Problem des "Erwärmungssignals" der letzten 200 Jahre klar sichtbar gemacht.

Variationen von Sauerstoffisotopen in Jahrringen

Ähnlich funktioniert auch die Sauerstoff-Isotopen Methode. Dabei wird der Sauerstoff gemessen, der ursprünglich aus dem Wasser kommt, das der Baum über die Wurzeln aufnimmt. Das Wasser wandert dann durch das Xylem in das Blatt und wird dort durch Transpiration an 18O angereichert. Als Folgeprodukte werden dabei Zucker hergestellt, die als Grundsubstanz beim Aufbau der Cellulose und damit dem Jahrring dienen. Wenn man nun den 18O-Wert des Holzes analysiert, kann man wiederum ein Klimasignal feststellen, denn dieser Wert variiert je nach Luftfeuchte und Außentemperatur.

Nach diesem Input gab Herr Grießinger noch ein paar Informationen zu den Labormethoden, die bei derartigen Verfahren angewandt werden. Er erläuterte die Zusammensetzung von Holz und die einzelnen Bestandteile, die daraus gewonnen werden können. In seinem Forschungszweig konzentriert man sich allerdings nur auf die Zellulose. Doch wie kommt man nun vom Jahrring zur Klimainformation? Als erstes müssen die Proben sorgfältig präpariert und datiert werden. Anschließend müssen die Jahrringe manuell abgetrennt werden. Der Forscher weiß sehr gut, was das für eine Arbeit ist, denn er selbst hat schon ca. 16000 (!) Jahrringe von Hand abgetrennt. Wenn diese mühevolle Arbeit vollbracht ist, wird die Zellulose extrahiert; das geschieht mit NaOH und NaClO2 und dauert ca. 36 Stunden. Dann wird die Zellulose noch ultraschall-homogenisiert und gefriergetrocknet bevor sie eingewogen (250 Mikrogramm) wird. Jetzt erst kommt der eigentliche Schritt der Analyse mit der EA-Massenspektrometrie, mit der das Isotopenverhältnis und somit die 13C- und 18O-Werte ermittelt werden, die die lang ersehnte Auskunft geben.

Können die Erkenntnisse aus dem Tibetanischen Hochland auf uns übertragen werden ?
Ist nun das Klima wirklich gefährdet ?
Beruht die Gefahr allein auf CO2 ?
Können wir tatsächlich Entscheidendes dagegen tun ?
Müssen wir unsere Landwirtschaft umstellen ?
Was kann die Züchtungsforschung dazu beitragen ?
Diese und andere Fragen fanden eine Antwort. Sollten auch Sie mehr wissen wollen, können Sie gern den Referenten konsultieren :




Link zum Geographischen Institut
der Universität Erlangen-Nürnberg

Link direkt zu Dipl. - Geograph Jussi Grießinger





an der Erstellung dieser Website haben mitgearbeitet :
Thomas Siller (13)
Jascha Panitz (9d) / Matthias Rapp (13) / Kai Scheiring (12)